Seelenpflanzen

Der Spitzwegerich ist meine besondere Seelenpflanze, denn sie ist mein Wiedereinstieg in die Kräuterkunde.

Vor fast 20 Jahren hatte ich eine eiternde Wunde unter dem Fuß und das letzte Stück ging trotz Antibiotika und Salbe bei jeder Bewegung immer wieder auf. Eines Tages sagte meine Mutter, jetzt gehen wir los und suchen Spitzwegerich.

Ich wusste, dass ihre Mutter, meine Oma, ziemlich viel über Kräuter wusste und uns als Kinder auch schon viel beigebracht hatte. Aber das meiste hatte ich vergessen bzw. ich hatte nicht mehr daran gedacht. Wir fanden Spitzwegerich und machten einen Verband mit den Blättern, die wir stark zusammenrollten, damit der Pflanzensaft austrat. Nach drei Tagen war die Wunde geschlossen und ist auch nicht wieder aufgegangen. Ich war begeistert und hatte noch zwei ähnliche Begegnungen mit dem Spitzwegerich und durch diese Pflanze kam meine Begeisterung und mein Wille zu lernen wieder zurück.

Natürlich habe ich Spitzwegerich in meinem Küstengarten. Aber er hat sich anfangs schwergetan. Ich habe ihn ausgesät und die erste Pflanze war ziemlich klein. Mittlerweile hat er sich selbst verbreitet und ich habe ihn in mehreren Beeten und auch außerhalb davon.

Der Spitzwegerich ist ein Meisterkraut für die Lunge und daher auch mein wichtiger Begleiter. Die Lunge hat viel mit Energie zu tun. Ist sie belastet, sowie bei mir nach mehreren Lungenentzündungen, fühlt man sich eingeengt und hat nicht genug Energie. Ich habe mal von einem meiner wichtigsten Kräuterlehrer gelernt, dass der Spitzwegerich die Information eines gesunden Körpers in jede Zelle tragen kann und so die Selbstheilungskräfte anregt. Wir wissen oft gar nicht, welche Schätze wir in unserer heimischen Pflanzenwelt haben.

Im Herbst hatte ich eine intensive Woche, wo ich mich mit dem Spitzwegerich beschäftigt habe. Was ich durch den Spitzwegerich gelernt habe ist, dass ich gleichzeitig stark und weich sein kann. Außerdem ist der Spitzwegerich eine Haut- und damit eine Grenzpflanze. Vielleicht hilft er ja auch, Grenzen zu setzen. Und er hat mich daran erinnert, wie wichtig es ist, nach einem Arbeitstag mit viel geistiger Arbeit zur Ruhe zu kommen. Ich habe oft das Gefühl, keine Zeit zu haben. Ich finde einfach nicht die Zeit dazu, ist ein Spruch, den ich oft gebrauche.

Der Spitzwegerich sagte mir dazu, Zeit muss nicht gefunden werden, Zeit ist. Und er hat recht. Wir haben alle 24 Stunden am Tag. Womit wir sie verbringen, ist unsere Entscheidung. Wenn ich jetzt wiedermal glaube, keine Zeit zu haben, kommt mir gleich der Spitzwegerich in den Sinn und was er jetzt wohl zu mir sagen würde.